Sascha Willuweit

Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für forensische DNA-Spurenanalytik und Abstammungsbegutachtung

Über mich

Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für forensische DNA-Spurenanalytik und Abstammungsbegutachtung interpretiere ich DNA-Analyseergebnisse in Straf- und Zivilverfahren und berichte den Auftraggebern und Gerichten diese in verständlicher Form. Zu meiner Kompetenz gehört u.a. ein ausgeprägtes Verständnis der mathematisch-statistischen Modelle im erweiterten Bereich der molekularbiologischen und genetischen Forensik.

Ausbildung / Qualifikationen

Nach dem Master-Abschluss meines Bioinformatik-Studiums an der Freien Universität Berlin mit der Arbeit "Tertiärstrukturvorhersage von Protein-Protein-Bindungsstellen", arbeitete ich als wissenschaflicher Mitarbeiter des Instituts für Rechstmedizin Berlin in der Abteilung Forensische Genetik. Dort wurde ich zum Sachverständigen für forensische DNA-Spurenanalytik und Abstammungsbegutachtung weitergebildet und erstattete seit 2010 über 200 eigenständige Gutachten. Zudem habe ich 2018 ein eigenes Qualitäts-Management-System der Abteilung Forensische Genetik zur Akkreditierung der gemäß DIN EN 17025:2018 aufgebaut. Mit der Vereidigung zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständiger für forensische DNA-Spurenanalytik und Abstammungsbegutachtung konnte ich meine Qualifikation Ende 2021 abrunden.

Ich bin einer der Kuratoren der weltweiten Y-Chomosome Haplotype Reference Database (YHRD). Auf Grundlage dieser Arbeit konnte ich 2018 die "Gemeinsame Empfehlungen der Projektgruppe ›Biostatistische DNA-Berechnungen‹ und der Spurenkommission zur biostatistischen Bewertung von Y chromosomalen DNA-Befunden" mit Kollegen veröffentlichen (Artikel in Rechtsmedizin 2018 28(2):128-142)).

Forensische Genetik

Das gängige Modell unseres Erbmaterials (der DNA) wurde von James Watson und Francis Crick 1953 entwickelt. Neben ihnen haben jedoch auch Maurice Wilkins und Rosalind Franklin ausschlaggebend zu der Entdeckung beigetragen. Es setzt sich aus vier Basen zusammen (Adenin, Guanin, Thymin, Cytosin) die paarweise angeordnet sind und so den charakteristischen doppelsträngigen Aufbau der DNA ergeben. Beim Menschen ist der ca. 3-5 Milliarden Basenpaaren lange DNA-Strang in jeder kernhaltigen Zelle komplett vorhanden. Doch nur ca. 2% der DNA sind nach heutigen Kenntnissen informativ - enthalten also den eigentlichen Bauplan. Der restliche Teil wird als nicht-kodierend bezeichnet, auch wenn dieser wichtige Funktionen efüllt, wie z.B. die Stabilität des Makromoleküls gewährleistet. In diesen nicht-kodierenden Bereichen konnten verschiedene hochvariable Abschnitte entdeckt werden. Eine Variante dieser variablen Bereiche (Polymophismen) stellen repetitive DNA-Sequenz-Muster dar. Bei diesen s.g. Längen-Polymophismen (engl. STR für short tandem repeat) ist die Anzahl der Wiederholungen bei verschiedenen Personen durch meiotische Mutationen unterschiedlich. Sie können somit zu Identifizierungszwecken herangezogen werden, da sie innerhalb der Zellen einer Person identisch jedoch zwischen zwei unterschiedlichen Personen verschieden sind (Ausnahme eineiige Zwillinge). Die forensische DNA-Analyse beruht auf der analytischen Feststellung durch geeignete Methoden (Typisierung) solcher hochvariablen Längen-Polymorphismen (STRs). Vorteil der gesamten Methode ist die Reduktion von 3-5 Milliarden Basenpaaren auf derzeit 16 Allel-Dupel (zwei Allele bspw. "11" oder "9.3") zur ein-eindeutigen Identifizierung der DNA einer Person. Beide Zahlen des Dupels (Allele) stehen dabei jeweils für die festgestellte Anzahl der sich wiederholenenden DNA-Sequenz-Muster auf jedem der beiden Chromosomen eines autosomalen Chromosomenpaares. Die Zusammenstellung dieser Ergebnisse stellt den s.g. genetischen Fingerabdruck dar.

Analysiert werden können geringste Mengen aller biologischen Spuren, sofern diese Zellen Zellkerne beinhalten: Blut, Spermien, Epithelzellen im Speichel, Vaginalsekret, Hautabrieb. DNA lässt sich auch aus Knochen, Zähnen, Gewebe und aus histologischen Präparaten isolieren. Nicht geeignet für DNA-Untersuchungen sind Haare ohne Wurzel oder sehr altes Gewebe, das über längere Zeit ungünstigen Umwelteinflüssen ausgesetzt war.

Y-chromosomale STR-Haplotypen werden paternal ohne Rekombination vererbt (daher nicht individualisierend) spielen aber eine entscheidende Rolle bei Sexualdelikten. Hier können oft nur Mischspuren aus einer weiblichen Hauptkomponente (Geschädigte) und einer männlichen Nebenkomponente (Täter) festgestellt werden. Oft ist die männliche Nebenkomponente nur in vielfach geringerer Menge vorhanden, so dass autosomale Merkmale des Täters seltener nachgewiesen werden können. Hier können die Y-chromosmalen STRs weiterhelfen, da diese nur bei Männern vorhanden sind.

Gutachten

Zu den folgenden Themenfeldern kann ich im privaten oder gerichtlichen Auftrag als Gutachter bzw. Sachverständiger Gutachten erstatten. Grundsätzlich arbeite ich mit Rohdaten von bereits durchgeführten DNA-Analysen und biete hier keine DNA-Spurenanalyse an. Die Rohdaten müssen mir in elektonischer Form (.hid/.fsa bzw. .fasta/.fastq Dateien) unter Nennung des verwendeten Kits und Size-Standards zu Verfügung gestellt werden. Die Abrechnung erfolgt unabhängig von der Auftragsart nach dem JVEG.

Mischspuren

Biostatistische Bewertung der Spurenlegerschaft auf Grundlage voll-kontinuierlicher oder semi-kontinuierlicher Modelle bei einfachen und komplexen Hypothesen, Verwandschaftsbeziehungen zwischen Spurenlegern oder unter Einbeziehung statistischer a-priori Annahmen; umfänglich gemäß BGH 1 StR 499/18 und Spurenkommission

Zweitgutachten

Bei Zweifeln oder zur Unterstützung in allen Fragen rund um den DNA-Sachbeweis kann eine unabhängige zweite Einschätzung oder Begutachtung Klarheit schaffen

Acitivity Level

Auf Grundlage vielfacher Experimente zur Übertragung von DNA, können statistische Verteilungen dazu genutzt werden um mittels DNA-Ergebnissen Hypothesen zur Übertragung von DNA zu bewerten (Primär- und Sekundärübertragung)

Abstammung

Berechung von Abstammungswahrscheinlichkeiten in komplexen oder auch einfachen Fällen

MPS & NGS

Gewonnene DNA-Befunde aus neuartigen Technologien können einen erheblichen Informationsgewinn erzielen und ermöglichen - wie klassische DNA-Befunde - Berechungen im Trefferfall und bei Mischungen

Y-DNA

Bewertung Y-chromosomaler DNA-Spuren-Ergebnisse im Trefferfall und bei Mischungen gemäß den Empfehlungen

Seminare & Vorträge

Mit Freude teile ich meine Erfahrungen und mein Fachwissen auch im Rahmen von Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dies kann in der relativ kurzen Form von Vorträgen bis hin zur Gestaltung von mehrtägigen Seminaren und Workshops geschehen. Meine vielfältigen fachlichen Kenntnisse erlauben es mir, ein breites Themenspektrum abzudecken. Und dies nicht nur für das Fachpublikum aus dem Bereich Forensische Genetik und Kriminaltechnik und sondern auch besonders gerne für Nicht-Fachleute, wie z. B. Staatsanwälte, Strafverteidiger und Richter.

Glossar & Begriffe

Allel: Alternative Form eines genetischen Merkmals am selben Genort; jede Person besitzt an einem polymorphen Genort zwei Allele, die identisch (homozygot) oder verschieden (heterozygot) sein können. Je ein Allel von beiden Elternteilen.

Autosomen: Alle Chromosomen eines Chromosomensatzes mit Ausnahme der Geschlechtschromosomen.

Base: (Nukleotid)-Grundbaustein der DNA, aus den 4 Basen: A(Adenin), G(Guanin), C(Cytosin), T(Thymin)besteht.

bp: (Basenpaar)-2 Basen, die im DNA-Doppelstrang miteinander verknüpft sind.

Chromosomen: Träger der DNA im Zellkern. 2x22 Autosomen (jeweils von Mutter und biologischem Vater) und zwei Geschlechtschromosomen, bei der Frau XX, beim Mann XY.

DAD: Die DNA-Analysedatei bzw. DNA-Analyse-Datei, (DAD) ist eine zur Speicherung von DNA-Profilen eingerichtete Datenbank für Deutschland. Die DAD wird vom Bundeskriminalamt (BKA) zentral betrieben. Informationen über die DAD des BKA.

DNA: Desoxyribonukleinsäure, als Doppelstrang aus Basenpaaren aufgebautes Molekül im Zellkern jeder Zelle; Träger der genetischen Information.

Elektrophorese: Trennverfahren zur Auftrennung eines Gemisches von DNA-Fragmenten nach ihrer Länge in einem Gel unter Anlegung eines elektrischen Feldes; dabei wandern die kleinen Fragmente schneller zur Anode als die großen Fragmente.

Elektropherogram: Grafische Darstellung der Analyseergebnisse einer Kapilargeleletrophorese. Dabei bildet die x-Achse die Länge der bestimmten Fragmente (in bp) und die y-Achse die relative Menge der Detektion von Fragmenten einer entsprechenden Länge (in RFU).

Exon: Kodierender Abschnitt eines Gens. Exons werden von nicht-kodierenden Introns unterbrochen.

Frequenz: Häufigkeit eines Allels in der Bevölkerung; wird durch Populationsstudien (=Untersuchung einer großen Stichprobe nichtverwandter Personen) bestimmt.

FSA Datei: Rohdatendatei nach Kapilargeleletrophorese durch ältere Genetic Analyzer der Firma Life Technologies (Thermo Fisher Scientific).

FASTA/FASTQ Datei: Rohdatendatei nach NGS/MPS-Sequenzierung.

Gamet: Geschlechtszelle (Eizelle oder Spermium) mit der haploiden Chromosomenzahl.

Gen: Ein DNA-Abschnitt, der für ein funktionelles Produkt codiert.

Genetischer Fingerabdruck: Die Zusammenstellung der Ergebnisse von derzeit 16 STR-Systemen zur eindeutigen genetischen Identifikation.

Genom: Die Gesamtheit aller Gene eines Gameten, eines Individuums, einer Polpulation oder einer Art.

Genort: (Locus)-Lage eines Gens auf einem Chromosom.

Genotyp: Kombination der beiden Allele an einem Locus eines Individuums.

HID Datei: Rohdatendatei nach Kapilargeleletrophorese durch Genetic Analyzer der Firma Life Technologies (Thermo Fisher Scientific).

Intron: Nicht-kodierender Teil eines Gens, der nicht in Eiweißmoleküle umgeschrieben wird.

Kapilargeleletrophorese: Wie Elektrophorese, nur dass die Auftrennung in sehr feinen Kapilaren durchgeführt wird.

kb: Kilobasenpaare, 1kb entspricht 1000 Basenpaaren.

kodierende DNA: Der Anteil der DNA eines Individuums, der in Genen angeordnete Erbinformation zur Biosynthese von Eiweißmolekülen enthält.

Mutation: Jede dauerhafte erbliche Veränderung im genetischen Material (=Sequenz der genomischen DNA). Durch Mutationen entstehen genetische Polymorphismen.

nicht-kodierende DNA: Ca. 95-98% der humanen DNA enthält keine Erbinformation (Gene). Die nicht-kodierenden Abschnitte liegen entweder zwischen den Genen oder unterbrechen diese als Introns.

PCR: (polymerase chain reaction)-Polymerase Kettenreaktion, enzymatisches in vitro-Verfahren zur spezifischen Vermehrung (Amplifikation) einer kurzen DNA-Sequenz, so dass deren Analyse möglich wird. Die Spezifität eines PCR-Systems ist durch die flankierenden Primer bedingt.

Polymorphismus: Genetische Vielgestaltigkeit. Das gleichzeitige Vorkommen von zwei oder mehreren Genotypenam gleichen Locus innerhalb einer Population oder von chromosomalen Struktur-Varianten an homologen Chromosomen (=zusammengehörendes Chromosomenpaar).

Primer: Synthetisch hergestellte einzelsträngige DNA-Moleküle von ca. 17-30 bp Länge; die beiden Primer eines PCR-Systems flankieren jeweils einen definierten DNA-Abschnitt, so dass nur dieser amplifiziert wird.

STR-System: Engl. short tandem repeat (Mikrosatellit), kurze DNA-Abschnitte, die bei unterschiedlichen Personen eine verschieden große Anzahl von sich wiederholenden Basenpaarabfolgen (ca. 2-7 bp).

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